Geschärfter Blick in den Kopf


Eine Weiterentwicklung der Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht zehnmal präzisere Einblicke ins Gehirn als bisher. Forschende unter Beteiligung des DZNE berichten darüber im Fachjournal Nature Methods.

Die MRT hat seit Jahren einen festen Platz in der medizinischen Versorgung und in der Wissenschaft – das gilt insbesondere für die Hirnforschung. Denn diese Technologie ermöglicht mittels Magnetfeldern und gepulster Radiowellen detaillierte Einblicke in den menschlichen Körper. Dabei gelten MRT-Scanner, die mit einer magnetischen Feldstärke von drei Tesla operieren als Goldstandard für den Routinebetrieb und Scanner mit einer Feldstärke von sieben Tesla als hochmodern, da sie derzeit die beste räumliche Auflösung erreichen. Das gilt insbesondere für die Betriebsart „funktionelle MRT“, mit der sich die Hirnaktivität lokal messen lässt. Ein internationales Team unter Beteiligung von Dr. Rüdiger Stirnberg, Wissenschaftler am DZNE-Standort Bonn, hat diese Präzision jetzt verzehnfacht, wodurch es gelang, die Aktivität innerhalb nur etwa 0,4 Millimeter großer Hirnbereiche zu erfassen. Die Forschenden nutzten dafür ein MRT-Gerät, das an der University of California in Berkeley betrieben wird und das sie zu einem „7 Tesla-Scanner der nächsten Generation“ umfunktionierten. An dem mehrjährigen Projekt waren neben Forschungseinrichtungen aus den USA, Europa und Südkorea auch mehrere Unternehmen beteiligt.

Neue Hardware

„Es handelt sich weitgehend um eine Neuentwicklung. Das Hauptmagnetfeld von sieben Tesla und die zugehörige Magnetspule sind zwar im Wesentlichen gleich geblieben, andere Hardwarekomponenten wurden jedoch komplett neu konstruiert. Das betrifft insbesondere die sogenannten Gradientenspulen und das Empfangssystem, mit dem die Signale aus dem menschlichen Körper aufgezeichnet werden. Das ist gewissermaßen ein sehr spezieller Radioempfänger“, sagt Stirnberg.

Abgestimmte Pulse

Wichtige Teile der Software wurden ebenfalls neu entwickelt. Konkret betrifft dies die Steuerung der Radiopulse und zusätzlichen Magnetfelder – „magnetische Gradientenfelder“ genannt – , die für die Bildgenerierung erforderlich sind. „Das lässt sich alles per Software kontrollieren. Bei einer Untersuchung läuft dieses Programm automatisch ab und schaltet Gradientenfelder und Radiopulse in der vordefinierten Weise und Abfolge. Das nennt man MRT-Sequenz“, so der Bonner Physiker. „Kollegen aus den USA und den Niederlanden haben unsere in Bonn entwickelten und angepassten Sequenzen verwendet, um das Optimum aus der neuen Technik herauszuholen. Die verschiedenen Parameter müssen präzise aufeinander abgestimmt sein. Da gibt es großen Spielraum.“

Kleiner als Stecknadelkopf

Die funktionelle Magnetresonanztomographie – kurz fMRT – profitiert besonders von der Neuentwicklung. „Mit der traditionellen fMRT kann man die Hirnaktivität ortsaufgelöst darstellen, dafür wird die Signaländerung durch den lokalen Sauerstoffverbrauch gemessen. Dieses Signal ist ein Indiz für Aktivität, denn Nervenzellen benötigen Sauerstoff“, so Stirnberg. Räumlich noch präziser sind neuartige fMRT-Methoden, die auf der entsprechenden Änderung des Blutvolumens beruhen. „Dafür wird unsere Sequenz von vielen Wissenschaftlern weltweit genutzt. In Berkeley ist das jetzt mit bislang nicht erreichter Auflösung möglich. Das ist so, als hätte man ein Mikroskop schärfer gestellt. Wir können nun die Aktivität innerhalb winziger Hirnvolumina messen, die nur etwa 0,1 Mikroliter groß sind. Solche Ausschnitte des Gehirns sind kleiner als ein Stecknadelkopf, sie beinhalten typischerweise weniger als eintausend Nervenzellen.“

Hilfreich für die Demenzforschung

Von den neuen Möglichkeiten dürfte die Hirnforschung im Allgemeinen und die Demenzforschung im Besonderen profitieren. Außerdem findet ein Erfahrungs- und Technologietransfer statt: Der „NexGen 7 Tesla Scanner“ in Berkeley ist zwar ein Unikat, doch die Erkenntnisse aus dieser Initiative kommen sowohl der kommerziellen Entwicklung, als auch dem Betrieb schon vorhandener Geräte zugute. Stirnberg sieht das Projekt als Win-win-Situation für das DZNE: „In Bonn betreiben wir selbst einen 7 Tesla-Scanner. Aus der Entwicklung der MRT-Sequenzen haben wir wertvolle Erfahrungen für unsere eigenen Untersuchungen gewonnen. Außerdem wurde in Magdeburg kürzlich ein in Teilen ganz ähnlicher Scanner wie der in Berkeley installiert. Die Wissenschaftler in Magdeburg sind an unseren Sequenzen interessiert und wir hoffen diese zukünftig in Kooperation weiterentwickeln und nutzen zu können.“

Originalveröffentlichung
Next-generation MRI scanner designed for ultra-high-resolution human brain imaging at 7 Tesla.
David A. Feinberg et al.
Nature Methods (2023)
DOI: 10.1038/s41592-023-02068-7

Dezember 2023

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