Prof. Dr. Dr. h.c. Christian Haass mit Hector Wissenschaftspreis 2022 ausgezeichnet

Christian Haass, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Sprecher des DZNE-Standorts München, hat den mit 150.000 Euro dotierten Wissenschaftspreis 2022 der Weinheimer Hector Stiftung II erhalten. Mit dieser Auszeichnung würdigt die Stiftung die bahnbrechende Forschung des Münchner Biochemikers über die molekularen Mechanismen der Alzheimer-Demenz: Haass stellte fest, dass sich bei Alzheimer-Erkrankten der Eiweißstoff Amyloid-Beta-Peptid in einer toxischen Form zunehmend im Gehirn ablagert und dadurch die Nervenzellen schädigt. Der Preis wurde am Freitagabend (27. Januar) in Heidelberg überreicht.

Auszeichnung für wegweisende Forschung

Die H. W. & J. Hector Stiftung wurde 1995 von dem Ehepaar Josephine und Dr. h. c. Hans-Werner Hector in Weinheim an der Bergstraße gegründet. 2008 wurde als Ergänzung die „Hector Stiftung II“ ins Leben gerufen. Seit 2009 vergibt die Hector Stiftung II jährlich den Hector Wissenschaftspreis in Höhe von je 150.000 Euro. Damit werden Professorinnen und Professoren deutscher Universitäten und Forschungseinrichtungen für ihre herausragenden Forschungsleistungen und ihr besonderes Engagement in der Lehre und in der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ausgezeichnet.

In diesem Jahr hat die Hector Stiftung II den jeweils mit 150.000 Euro dotierten Hector Wissenschaftspreis 2022 an Prof. Dr. Dr. h.c. Christian Haass sowie an die Mathematikerin Prof. Dr. Anna Wienhard vom Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften Leipzig vergeben. Mit dieser Auszeichnung wurden Haass und Wienhard in den Kreis der „Hector Fellows“ aufgenommen und werden zukünftig die interdisziplinäre Zusammenarbeit als Mitglied des Wissenschaftsnetzwerks „Hector Fellow Academy“ bereichern.

Über den Preisträger

Christian Haass, geboren 1960 in Mannheim, studierte Biologie in Heidelberg. Danach forschte er in den USA an der Harvard Medical School und wurde dort schließlich Assistenzprofessor für Neurologie. Es folgte eine Professur am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim (Universität Heidelberg). Im Jahre 1999 wurde er Lehrstuhlinhaber für Biochemie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und Leiter der Abteilung Stoffwechselbiochemie. Seit 2009 ist Haass zudem Sprecher des DZNE-Standorts München.

Anfang der 1990er-Jahre begann Haass, sich mit dem Eiweißstoff Amyloid-Beta-Peptid zu befassen: Bei Menschen mit Alzheimer verklumpt dieses Molekül und lagert sich in Form sogenannter Plaques im Hirngewebe zwischen den Nervenzellen ab. Diese Ablagerungen führen zu Entzündungsprozessen. Schließlich kommt es zur Bildung von Tau-Fibrillen in den Nervenzellen, welche die Neuronen in ihrer Funktion beeinträchtigen und zu ihrem Zelltod beitragen. Folge des massiven Nervenzellsterbens im Gehirn sind die Symptome der Alzheimer-Erkrankung: Gedächtnis-, Orientierungs- und Sprachstörungen, Störungen des Denk- und Urteilsvermögens sowie Veränderungen der Persönlichkeit. Dabei beginnt die Alzheimer-Erkrankung bereits Jahrzehnte vor dem Auftreten der ersten Gedächtnisdefizite – d.h. sie entsteht im Gehirn, lange bevor erste Symptome deutlich werden.

Entgegen der damaligen Auffassung konnte Haass nachweisen, dass das Amyloid nicht notwendigerweise Bestandteil krankhafter Prozesse ist, sondern auch im gesunden Gehirn vorkommt. Heute wird daher angenommen, dass bei einer Alzheimer-Erkrankung die Konzentration dieses Proteins erhöht oder dessen Abbau gestört ist. In der Tat fand Haass später heraus, wie genetische Mutationen, die mit seltenen und früh auftretenden Formen der Alzheimer-Erkrankung einhergehen, eine Überproduktion von Amyloid verursachen. Infolgedessen kommt es zur Entstehung der charakteristischen Plaques. Haass‘ Forschung lieferte wichtige Erkenntnisse darüber, wie das Amyloid unter der Wirkung bestimmter Enzyme (Sekretasen) aus einem größeren Molekül (Amyloid-Vorläuferprotein) hervorgeht. Seine Arbeiten und die weiterer Forschenden führten letztlich zur Formulierung der „Amyloid-Kaskadenhypothese“: Dieser zufolge spielt das Amyloid nicht nur bei der seltenen erblich bedingten Form von Alzheimer eine wichtige Rolle, indem es auf molekularer Ebene eine Reaktionskette in Gang setzt, die letztlich zum Tod von Hirnzellen führt – sondern auch bei der weitaus häufigeren, der sogenannten sporadischen Variante von Alzheimer.

Christian Haass bereitete somit den Weg für therapeutische Ansätze, die darauf abzielen, die Entstehung von Amyloid-Aggregaten zu unterbinden oder deren Abbau zu fördern – und für neue Ansätze zur Früherkennung der Alzheimer-Demenz. In jüngsten Jahren dehnte Haass seine Forschung auf weitere Aspekte der Alzheimer-Erkrankung aus und untersuchte die Rolle der Immunzellen des Gehirns, der sogenannten Mikroglia: Haass fand heraus, dass vor allem im frühen Krankheitsstadium das sogenannte TREM2-Protein die Mikroglia dazu veranlasst, Ablagerungen von Amyloid zu beseitigen. Die Konzentration von TREM2 im Nervenwasser nimmt zu, wenn die Mikroglia aktiviert werden. Insofern könnte TREM2 als Biomarker (typische messbare Veränderung) dienen und dazu beitragen, Alzheimer bereits im Frühstadium und noch vor dem Auftreten von Demenzsymptomen zu erkennen. Aktuell sucht Christian Haass nach Ansätzen, die Mikroglia über einen Antikörper gezielt so zu aktivieren, dass der Abbau von Plaques durch die Immunzellen gefördert wird.

Für seine Forschung wurde Christian Haass schon mehrfach geehrt – unter anderem mit dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Brain Prize – der weltweit bedeutendsten Auszeichnung für Hirnforschung – sowie dem Piepenbrock-DZNE-Preis. Christian Haass ist zudem Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften sowie Ehrendoktor der Universität Zürich.

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