Tempo-Daten für das „Navi“ im Kopf

Studie liefert Hinweise dafür, wie Geschwindigkeitsinformationen ins Gehirn gelangen

Bonn, 6. Dezember 2016. Um uns gezielt durch den Raum zu lenken, benötigt das Gehirn ein „Gefühl“ für das Tempo unserer eigenen Fortbewegung. Doch wie gelangen solche Reize überhaupt ins Gehirn? Forscher des DZNE haben nun bei Mäusen einen Signalweg identifiziert, der Geschwindigkeitsinformationen direkt in die Navigationszentrale des Gehirns einspeist. Wissenschaftler um Stefan Remy berichten darüber im Fachjournal „Nature Neuroscience“. Beim Menschen gibt es ähnliche Nervenleitungen. Durch Alzheimer werden sie erwiesenermaßen beschädigt – eine mögliche Ursache dafür, dass bei dieser Demenzform häufig Orientierungsstörungen auftreten.

Für die aktuelle Studie stimulierten die Forscher gezielt bestimmte Areale in den Gehirnen von Mäusen und registrierten die daraus folgende Hirnaktivität. „Bei vorherigen Untersuchungen hatten wir im Medialen Septum bestimmte Zellen gefunden, die umso schneller feuern, je schneller sich die Maus bewegt. Man könnte sie als ‚Tachometerzellen‘ beschreiben. Ihren Input erhalten sie möglicherweise von tiefer gelegenen Hirnarealen, die den Bewegungsantrieb steuern“, erläutert Professor Remy.

Neuronaler Datenbus

Diese Nervenzellen sind über lange Fortsätze mit anderen Hirnbereichen verbunden. Darunter ist ein Areal das „Entorhinaler Cortex“ genannt wird und als Navigationszentrale des Gehirns gilt. „In dieser Hirnregion werden letztlich die Berechnungen gemacht, die für das Navigieren im Raum erforderlich sind“, sagt Remy. „Jetzt konnten wir zeigen, dass die Feuerrate der Tachometerzellen die neuronale Aktivität im Entorhinalen Cortex beeinflusst. Steigt die Feuerrate nimmt auch die Aktivität im Entorhinalen Cortex zu. Die Tachometerzellen wirken wie ein Datenbus, eine Schnittstelle, die Geschwindigkeitsinformationen direkt in die Navigationszentrale des Gehirns einspeist.“

Ursache für Orientierungsstörungen?

Beim Menschen gibt es vergleichbare Nervenbahnen, die ebenfalls Mediales Septum und Entorhinalen Cortex miteinander vernetzen. Deren Funktion wurde zwar noch nicht im Detail erforscht. Von Untersuchungen an Alzheimer-Patienten ist jedoch bekannt, dass diese Verbindungen infolge der Erkrankung verkümmern. „Zu den Symptomen einer Alzheimer-Erkrankung gehören Störungen des Ortsgedächtnisses. Dann kann es vorkommen, dass die Betroffenen nicht mehr den Weg nach Hause finden“, sagt Remy. „Unsere Ergebnisse bieten nun eine mögliche Erklärung für solche Symptome. Nämlich, dass der Navigationszentrale des Gehirns die Information über die Bewegungsgeschwindigkeit abhandenkommt.“

Originalveröffentlichung
Glutamatergic synaptic integration of locomotion speed via septoentorhinal projections.
Daniel Justus, Dennis Dalügge, Stefanie Bothe, Falko Fuhrmann, Christian Hannes, Hiroshi Kaneko, Detlef Friedrichs, Liudmila Sosulina, Inna Schwarz, David Anthony Elliott, Susanne Schoch, Frank Bradke, Martin Karl Schwarz, Stefan Remy.
Nature Neuroscience. DOI: http://dx.doi.org/10.1038/nn.4447

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