G-EAT - German Environmental Audit Tool
Entwicklung eines Instruments zur Erfassung demenzsensibler Umgebungsgestaltung in der stationären Langzeitpflege unter Berücksichtigung der Perspektive von Menschen mit Demenz
Projektübersicht
Projektlaufzeit: | seit 2019 |
Projektförderung: | DZNE Witten |
Projektleitung: | Dr. Bernhard Holle |
Projektkoordination und -mitarbeit: | Anne Fahsold, M.Sc. Kathrin Schmüdderich (2019-2020) |
Hintergrund
Die Bedeutung der baulichen Umwelt für die Pflege und das Leben von Menschen mit Demenz in der stationären Langzeitpflege ist seit einigen Jahrzehnten bekannt und wird in der demenzbezogenen Versorgungsforschung zunehmend thematisiert. Ist die physische Umgebung gut an die Bedürfnisse der Bewohner:innen angepasst, z.B. indem die Einrichtung in einem vertrauten Design erscheint oder Umgebungselemente die Orientierung unterstützen, kann dies die Alltagskompetenz erhalten. Damit einher geht die Förderung der Lebensqualität. International, vor allem im englischsprachigen Raum, wurden in der Vergangenheit auf der Grundlage des aktuellen Forschungsstandes verschiedene Prinzipien für die Umsetzung einer demenzsensiblen Gestaltung in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen entwickelt, die die Planung von Neubauten leiten sollen, aber auch im Rahmen von Umbauprojekten durch die Anbieter Anwendung finden. Darauf aufbauend liegt inzwischen eine Auswahl etablierter Instrumente zur Erfassung der Ausprägung demenzsensibler Umgebungsmerkmale aus dem englischsprachigen Raum vor, die auch zur Erfassung in Studien eingesetzt werden. Die Relevanz der Erfassung des Faktors "bauliche Umwelt" für die Versorgungsforschung in Deutschland ergibt sich unter anderem aus den Implikationen der Studie "DemenzMonitor" am DZNE Witten, AG Versorgungsstrukturen. Ein standardisiertes, reliables und valides Instrument zur Beurteilung der baulichen Umwelt in der stationären Langzeitpflege hinsichtlich ihrer Demenzsensibilität lag in Deutschland bislang nicht vor, wenngleich die Adaption eines Instruments bereits erfolgte, dessen psychometrische Güte sich jedoch als unzureichend erwies (vgl. Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg, 2006).
Ziele des Projekts
Aus dem dargestellten Forschungsbedarf ergeben sich folgende übergeordnete Ziele, die in verschiedenen Teilstudien der Projektlinie "G-EAT" erreicht werden sollen. Um in einem ersten Schritt die Situation der gebauten Umwelt einschätzen und demenzspezifische Anpassungen vornehmen zu können, wurde das australische „Environmental Audit Tool - High Care“ kulturspezifisch adaptiert und wissenschaftlich erprobt. Im weiteren Verlauf der Projektlinie "G-EAT" erfolgt eine kulturspezifische Weiterentwicklung des Instruments. Hierin sollen Bewohner*innen, die mit einer Demenz in stationären Langzeitpflegeeinrichtungen leben, aktiv miteinbezogen werden. Ebenso sollen im Rahmen des Projektes die Bedarfe von stationären Langzeitpflegeeinrichtungen für eine Anpassung von Umgebungsmerkmalen erfasst werden, die in der täglichen Alltagsgestaltung mit den Bewohner:innen und unter Berücksichtigung vorhandener personeller Ressourcen erfolgen kann.
Vorgehensweise
1. Übersetzung und Adaption des Environmental Audit Tool – High Care
Die Adaption des Originalinstrumentes erfolgte in einem mehrschrittigen Prozess angelehnt an die Empfehlungen der World Health Organization (1998). In den Übersetzungs- und Adaptionsprozess wurden sowohl wissenschaftliche Expert*innen sowie auch potentielle Nutzer*innen aus der stationären Langzeitpflege einbezogen. Die Übersetzung des Instrumentes erfolgte durch Mitarbeitende des DZNE, für die linguistische Validierung wurden in der Instrumentenadaption erfahrene Pflegewissenschaftler*innen konsultiert. Für die kulturelle Adaption wurden Fokusgruppeninterviews mit Praxisexpert*innen der stationären Altenpflege durchgeführt sowie der Content Validity Index des G-EAT berechnet. Die Klärung offener Fragen aus dem bestehenden Prozess sowie ein Einblick in die Anwendung des Instrumentes in Australien erfolgte durch eine Konsultation an der University of Wollongong (Dementia Training Australia). Abschließend wurde die deutschsprachige Version des Instrumentes von einer australischen Linguistin hinsichtlich ihrer Äquivalenz zum Environmental Audit Tool –High Care überprüft.
2. Prüfung der Praktikabilität des G-EAT
Das Instrument kann nach australischem Vorbild sowohl durch Forschende als auch in der Praxis tätige Personen angewendet werden. Um Informationsbedarfe bei der Nutzung des G-EAT durch beide Personengruppen zu identifizieren und daraufhin Anpassungen vornehmen zu können, wurde das Instrument in mehreren Wohnbereichen einem Praktikabilitätstest unterzogen. Fokussiert wurden dabei auf die Dauer des Ausfüllens, die Integration in den Alltag der Bewohnenden (Vermeidung von Störungen) sowie das Verständnis für die jeweiligen Fragen des G-EAT.
3. Interrater-Reliabilitätstestung des G-EAT
Die sich anschließende psychometrische Testung wurde auf 40 verschiedenen Wohnbereichen in stationären Pflegeeinrichtungen in Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde jeweils ein Wohnbereich der teilnehmenden Einrichtung von wissenschaftlich Mitarbeitenden des DZNE und Mitarbeitenden der Einrichtung begangen. Im Rahmen dieser Begehung wurde das Instrument angewandt und ausgefüllt. Alle Einrichtungen erhielten nach der Teilnahme das Ergebnis der Begehung und der Verwendung des G-EAT, um auffällige bauliche Begebenheiten (Stärken und Schwächen) in ihrer Einrichtung diskutieren zu können, und ggf. Hinweise für mögliche bauliche Anpassungen zu erhalten.
Erwartete Ergebnisse
Nach den bereits abgeschlossenen Projektphasen 1 und 2 liegt eine adaptierte Version des Originalinstrumentes, das German Environmental Audit Tool vor. Dieses Instrument wurde im Rahmen der Interrater-Reliabilitätsprüfung bereits in 40 Wohnbereichen im deutschsprachigen Raum angewendet. Neben der Untersuchung der Interraterreliabilität wurden zusätzliche Informationen zu ausgewählten Fragen hinzugefügt um die Anwendung für die ausfüllenden Personen zu erleichtern. Die derzeitige Auswertung der Ergebnisse der Interrater-Reliabilitätsprüfung wird weitere Informationen über die Möglichkeit der wissenschaftlichen und praxisbezogenen Anwendung der Fragen des G-EAT im deutschsprachigen Setting liefern und darüber hinaus die Basis für die weitere Entwicklung des Instrumentes darstellen.