Intervallfasten ist für Mäuse kein Anti-Aging-Mittel

Veröffentlichung in „Nature Communications“

Bonn/München, 31. Juli 2017. Fasten beeinflusst den Körper auf vielfältige Weise. Im Tierversuch hat es sogar lebensverlängernde Wirkung. Doch verlangsamt Fasten den Alterungsprozess? Bei Mäusen jedenfalls: wenig bis gar nicht. So das Ergebnis einer gemeinsamen Studie des DZNE und des Helmholtz Zentrums München. Der regelmäßige Wechsel zwischen Nahrungsaufnahme und Essenspausen – wie beim sogenannten Intervallfasten üblich – bremste jedoch die Entwicklung lebensbedrohlicher Krebsgeschwüre. Die Tiere lebten dadurch länger.

Fasten hat zweifelsohne Auswirkungen auf Körper und Gemüt. Beim Menschen allerdings sind die Langzeitfolgen wenig erforscht. Anders bei Tieren. Aus Laborstudien ist bekannt: Mäuse, die auf strenge Diät gesetzt werden, leben länger. Ihre mittlere Lebenserwartung liegt um rund fünfzehn Prozent höher als bei Artgenossen, die freien Zugang zu Nahrung haben. Auf den Menschen umgerechnet wären das etwa zwölf zusätzliche Lebensjahre. Doch altern die Tiere auch langsamer?

„In Fachkreisen war diese Ansicht bisher weit verbreitet. Oft stützt sie sich darauf, dass fastende Tiere länger leben als Vergleichstiere, die uneingeschränkt Nahrung zu sich nehmen können. Nur die Lebensdauer zu betrachten, ist allerdings wenig aussagekräftig. Denn eine Lebensverlängerung kann durch eine isolierte Wirkung auf bestimmte lebensbegrenzende Krankheitsprozesse bedingt sein“, sagt Dr. Dan Ehninger, Arbeitsgruppenleiter am Bonner Standort des DZNE. „Wir haben uns daher eine Fülle von Alterserscheinungen angeschaut. Insgesamt betrachtet fanden wir nur wenige Anhaltspunkte für eine alternsverzögernde Wirkung des Fastens.“

Futter nur jeden zweiten Tag

Ehningers Team und die Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München untersuchten gemeinsam die Wirkung des „Intervallfastens“, also regelmäßiger Essenspausen, auf Mäuse: Eine Tiergruppe hatte uneingeschränkten Zugang zu Futter. Eine zweite Gruppe wurde zwar durchgängig mit Wasser versorgt, doch Nahrung erhielten sie nur alle zwei Tage. Der Fastenplan begann im Alter von acht Wochen und setzt sich fort bis zum natürlichen Lebensende. Die Studie wurde an 160 männlichen, genetisch identischen Mäusen durchgeführt. Jene der Fastengruppe lebten im Schnitt 908 Tage, die der Kontrollgruppe 806 Tage.

Alle Tiere wurden zu Lebzeiten und nach ihrem Tod umfangreich untersucht. Dabei ging es um mehr als 200 Parameter, von denen sich über die Hälfte mit dem Altern verändert: Neben Sehfähigkeit, Reflexen und Funktion des Herz-Kreislauf-Systems überprüften die Wissenschaftler beispielsweise auch Bewegungsdrang, immunologische Messgrößen, Blutbild und untersuchten altersabhängige Veränderungen in verschiedenen Geweben. „Letztlich haben wir festgestellt, dass beide Tiergruppen in ähnlicher Weise gealtert sind. Das Fasten hatte darauf nur wenig Einfluss“, so Prof. Martin Hrabĕ de Angelis, Direktor des Instituts für Experimentelle Genetik und der German Mouse Clinic am Helmholtz Zentrum München.

Zwar schnitten die fastenden Mäuse bei manchen Messgrößen besser ab als ihre Artgenossen: Sie waren beispielsweise agiler und hatten im Blut eine höhere Konzentration des Sauerstofftransporters Hämoglobin. Doch meist stellten die Forscher ähnliche Veränderungen auch bei einer Vergleichsgruppe junger Mäuse fest, die nur vier Wochen – also kurzzeitig – gefastet hatte.

Da der Effekt bei jungen Tieren und nach relativ kurzer Zeit auftrat, kann er nicht auf einer Verlangsamung von Alterungsprozessen beruhen, erläutert Dan Ehninger. Sein Fazit: „Das Fasten hatte positive Folgen für die Gesundheit der Mäuse, aber kaum Wirkung auf die Dynamik des Alterns. Von den 239 Parametern, die wir untersucht haben, konnten wir nur bei sieben ein Muster finden, das mit einer Verzögerung des Alterns konsistent ist. Das gilt zum Beispiel für bestimmte gewebliche Veränderungen im Gehirn und in den Nieren.“

Anti-Tumor-Effekt

Tatsächlich starben die meisten Tiere an Krebs. Das betraf sowohl die fastenden Mäuse, als auch jene, die sich normal ernährten. „Bei Mäusen gehören Krebsgeschwüre bekanntermaßen zu den häufigsten natürlichen Todesursachen“, so Ehninger. „Bei den Tieren, die fasteten, entwickelten sich Tumore jedoch langsamer. Im Schnitt lebten sie daher länger.“

Die krebshemmende Wirkung des Fastens in Laborexperimenten ist bekannt. Erklären kann man sich das Phänomen dadurch, dass sich der Organismus aufgrund der Essenspausen umstellt. „Der Stoffwechsel steht dann nicht auf Wachstum. Diese metabolische Bremse kann sich sowohl auf gesunde Zellen wie auf Krebszellen auswirken. Die Tumorentwicklung ist daher unterdrückt“, sagt Hrabĕ de Angelis.

Ähnlicher Kalorienkonsum

Ein Ergebnis der Studie ist auch, dass die fastenden Tiere nahezu die gleiche Menge an Kalorien zu sich nahmen wie ihre Artgenossen. „Die Mäuse haben den Versuchsablauf schnell durchschaut und an einem Nahrungstag mehr konsumiert, um den folgenden Pausentag zu überbrücken“, sagt Ehninger. „Im Endeffekt haben sie nur ein paar Prozent weniger Kalorien zu sich genommen, als die Mäuse der Kontrollgruppe. Trotzdem haben sie deutlich weniger an Gewicht zugelegt.“ Ähnliches wurde schon in anderen Studien beobachtet. „Das zeigt, dass die Wirkung des Fastens nicht unbedingt auf einer Verringerung der Kalorien beruht, sondern darauf, dass sich der Stoffwechsel durch die Essenspausen umstellt“, sagt Hrabĕ de Angelis.

„Intervallfasten ist im Ernährungsbereich derzeit ein Trend. Es ist durchaus eine Möglichkeit, um überflüssige Pfunde abzunehmen. Das zeigt die Praxis. Allerdings muss man betonen, dass sich unsere Ergebnisse nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen lassen“, meint Dan Ehninger. „Aber man kann daraus Schlüsse ziehen für künftige Studien. Etwa, dass man bei der Untersuchung von Alterungsprozessen einen breiten Kriterienkatalog beachten muss. Altern ist nunmal ein komplexer Vorgang, der viele Organe und Funktionen unseres Körpers betrifft. In diesem Sinne liefert unsere Studie viele Anhaltspunkte für Langzeituntersuchungen zum Intervallfasten am Menschen.“

Originalveröffentlichung
Every-other-day feeding extends lifespan but fails to delay many symptoms of aging in mice.
Kan Xie et al.
Nature Communications. DOI: dx.doi.org/10.1038/s41467-017-00178-3

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