EU-Atlas: Demenz & Migration


EU-Atlas: Demenz & Migration
EU-Atlas: Demenz & Migration
Fünf Hauptherkunftsländer von Menschen mit Migrationshintergrund mit Demenz (MmMD) 65+
Größte Gruppe 2. größte Gruppe 3. größte Gruppe 4. größte Gruppe 5. größte Gruppe
Absolute Zahlen
MmMD pro 100.000 Einwohner  65+
Absolute Zahlen MmMD pro 100.000 Einwohner  65+
Größte Gruppe
2. größte Gruppe
3. größte Gruppe
4. größte Gruppe
5. größte Gruppe
Prävalenz pro 100.000 Einwohner 65+*, berechnet nach Land des Wohnsitzes
hoch
> MmMD
geringer
> - MmMD
erhöht
> - MmMD
gering
MmMD
mittel
> - MmMD
MmMD = Menschen mit Migrationshintergrund mit Demenz
*Bulgarien, Litauen, Malta, Polen in der Bevölkerung 60+
Absolute Anzahl von MmMD  65+
MmMD pro 100.000 Einwohner  65+

Österreich

Österreich hat eine lange Migrationsgeschichte. Sie ist durch Phasen der Auswanderung kleinerer Bevölkerungsgruppen, aber vor allem durch Zuwanderung und Transitmigration1 aufgrund von bewaffneten Konflikten, bilateralen Anwerbeabkommen und dem EU-Beitritt gekennzeichnet1,2,3. Die Zuwanderung nach Österreich erreichte ihren Höhepunkt während der Phase der umfangreichen Migration von Flüchtlingen im Jahr 20153. Die Population der Menschen mit Migrationshintergrund (im Ausland geboren, 793.200 auf 1,8 Mio.) und ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung (10,3 auf 19,9 %) hat sich zwischen 1990 und 2019 in etwa verdoppelt4.

In Österreich leben 229.400 Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von 65 Jahren und älter. Schätzungsweise 15.800 dieser Menschen weisen eine Form der Demenz auf. Berechnungen zeigen, dass die am stärksten betroffenen Migrantengruppen wahrscheinlich aus Deutschland (ca. 3.300), Serbien (ca. 2.000), Bosnien und Herzegowina (ca. 1.400), der Tschechischen Republik (ca. 1.400) und der Türkei (ca. 1.000) stammen5.

Der "Österreichische Demenzbericht 2014" aus dem Jahr 2015 beinhaltet ein eigenes Kapitel zu 'Migranten mit Demenz'.  Es umfasst vier Seiten und weist auf die Problematik der späteren Diagnose und geringeren Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen hin6. Die "Demenzstrategie - Gut leben mit Demenz", des Bundesministeriums für Arbeit Soziales Gesundheit und Konsumentenschutz, aus dem Jahr 2015 enthält sieben Wirkungsziele und 21 Handlungsempfehlungen. Allerdings bezieht sich nichts davon direkt auf Migration. Lediglich an zwei Stellen wird der Zugang zu Unterstützungsangeboten gefordert und mehrsprachige Informationsveranstaltungen empfohlen7. Die "Medizinische Leitlinie zur integrierten Versorgung von Demenzkranken" aus dem Jahr 2011 streift in einem Kapitel in zwei Sätzen kurz das Thema Migration, ohne es allerdings explizit zu benennen. Es wird darauf hingewiesen, dass neuropsychologische Tests den soziokulturellen Hintergrund und die Sprachkenntnisse einer Person berücksichtigen müssen8. Der Bericht "Nichtmedikamentöse Prävention und Therapie bei leichter und mittelschwerer Alzheimer-Demenz und gemischter Demenz" wurde 2015 veröffentlicht, geht aber auf seinen 241 Seiten nicht auf Migration ein9.

Es existieren ausreichend mehrsprachige Informationsmaterialien zum Thema Demenz und Einrichtungen, die mehrsprachige Beratungs-, Betreuungs- und Vermittlungsangebote für Migranten anbieten. Allerdings gibt es nur wenige spezialisierte Angebote für Migranten mit Demenz. Derzeit verfügt Österreich über keine flächendeckenden Dolmetscherdienste. Es gibt jedoch bundesweite Standards für die stationäre Pflege hinsichtlich der Berücksichtigung von religionsbedingten Ernährungsbedürfnissen, kulturspezifischen Bedürfnissen bei Familienbesuchen und sprachlichen Bedürfnissen.

Es gibt spezifische Kurse zur kultursensiblen Versorgung sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in interkultureller Versorgung für Ärzte und Pflegepersonal, allerdings gelten diese nicht als verpflichtender Teil der Fachausbildung. Der Migrantenanteil unter den Pflegekräften (in der stationären und ambulanten Versorgung) liegt bei mindestens 14 bis 15 %. Insgesamt ist der Bedarf an kultursensibler Versorgung durch ausreichend qualifiziertes Fachpersonal nicht gedeckt.

Pflegende Angehörige von Migranten mit Demenz erhalten das gleiche spezifische Informationsmaterial (in der jeweiligen Muttersprache) wie pflegende Angehörige von Menschen ohne Migrationshintergrund. Des Weiteren gibt es bei der Versorgung mit anderen Unterstützungsleistungen keine signifikanten Unterschiede. Dennoch ist der Bedarf an spezialisierten Dienstleistungen und Informationen für diese Bevölkerungsgruppe sehr hoch und sehr vielfältig.

Referenzen

  1. Jandl M, Kraler A: Austria: A Country of Immigration? [https://www.migrationpolicy.org/article/austria-country-immigration]. (2003). Accessed 21 May 2019.
  2. Bauer WT: Zuwanderung nach Österreich. In. Edited by Österreichische Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung. Wien; 2008.
  3. Bischof G, Rupnow D: Migration in Austria vol. 26. Innsbruck: innsbruck university press; 2017.
  4. International Organization for Migration: International migrant stock as a percentage of the total population at mid-year 2019: Netherlands; 2019.
  5. Statistics Austria: Statistik des Bevölkerungsstandes. In. Vienna: Statistics Austria 2019.
  6. Höfler S, Bengough T, Winkler P, Griebler R: Österreichischer Demenzbericht 2014. In. Wien: Bundesministerium für Gesundheit und Sozialministerium; 2015.
  7. Arbeitsgruppen 1-6: Demenzstrategie - Gut leben mit Demenz In. Edited by Bundesministerium für Arbeit Soziales Gesundheit und Konsumentenschutz. Wien: Gesundheit Österreich GmbH; 2015.
  8. Dorner T, Rieder A, Stein K: Besser Leben mit Demenz: Medizinische Leitlinie für die integrierte Versorgung Demenzerkrankter. Wien: Competence Center intregrierte Versorgung; 2011.
  9. Fröschl B, Antony K, Pertl D, Schneider P: Nicht-medikamentöse Prävention und Therapie bei leichter und mittelschwerer Alzheimer-Demenz und gemischter Demenz. In. Edited by Gesundheit Österreich GmbH. Wien; 2015.

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