miRNA: Dirigenten der körpereigenen Signalwege
Der Begriff „Mikro-RNA“ – abgekürzt auch miRNA – beschreibt eine Klasse von RNA-Molekülen (chemisch betrachtet sind es Ribonukleinsäuren), die im Organismus sogenannte Signalwege beeinflussen. Wenn der Körper auf Umweltreize oder auf Verletzungen reagiert, dann kommt dabei ein hochkomplexer Mechanismus in Gang. Hier spricht man von „Signalwegen“ – viele Geschehnisse auf der Ebene von Zellen, Genen und Proteinen setzen sich zu einer wirkungsvollen, präzise orchestrierten Reaktion des Körpers zusammen. Der Verkehr auf diesen Signalwegen wird von miRNAs gesteuert. Man kann sich diese Moleküle wie Verkehrspolizisten vorstellen. Wobei es davon viele gibt: rund 2.500 unterschiedliche miRNAs sind inzwischen bekannt, die jeweils bestimmte Signalwege kontrollieren.
Proteine sind wichtige Bestandteile solcher Signalwege. Indem die miRNAs die Herstellung von Proteinen beeinflussen (die sogenannte Gen-Regulation), wirken sie letztlich auf die Signalwege.
Ein Nobelpreis für die miRNA
Wie bedeutend die miRNA ist, zeigt sich an zweierlei: Erstens wurde ihre Entdeckung mit dem Medizin-Nobelpreis 2024 ausgezeichnet. Und zweitens findet die Forschung immer genauer heraus, wie komplex die Aufgaben sind, die von der miRNA ausgeführt werden. Eine einzige miRNA kann hunderte Gene regulieren – aber eben nicht zufällig, sondern exakt jene, die in einem Signalweg zusammenwirken.
Genau das macht sie interessant für die Wissenschaft. Aus deren Sicht bieten miRNAs die Chance, früh eine Erkrankung zu erkennen – weil krankheitsrelevante miRNAs aus dem Blut als „Biomarker“ dienen könnten. Außerdem könnte auch eine Therapie bei den miRNAs ansetzen: das hätte direkten Einfluss auf die Produktion von hilfreichen oder auch schädlichen Proteinen. Die Forschung verfolgt bei zahlreichen neurodegenerativen Erkrankungen die Spuren der miRNA, um neue Wege der Früherkennung - etwa von Demenz - zu entwickeln.
Hoffnung auf Früherkennung und gezielte Regulation
Auch wird daran gearbeitet, über miRNAs die sogenannte kognitive Reserve zu messen. Im Alter nimmt die Gedächtnisleistung automatisch ab, die entscheidende Frage ist deshalb, ob das Gehirn in ausreichend guter Form ist, um diese Verluste auszugleichen. Auch das könnte für die Früherkennung von Demenzerkrankungen ein wichtiges Indiz sein. Welche miRNA aussagekräftig dafür sind, wird am DZNE an den Standorten Bonn und Göttingen erforscht.