Interview mit Jon D. Paul

Jon D. Paul, ist amerikanischer Ingenieur, Erfinder und Unternehmer. 2008 gründete er die Paul Foundation zum Gedenken an seine Mutter Blanche A. Paul. Diese hatte 25 Jahre gegen die Parkinson-Krankheit gekämpft und war letztlich ihren Folgen erlegen. Die Paul Foundation unterstützt großzügig das Labor von Prof. Donato (Dino) Di Monte im DZNE in Bonn. Die Forschungen der Gruppe um Prof. Di Monte konzentrieren sich auf die molekularen Mechanismen des neuronalen Krankheitsbilds der Parkinson-Krankheit und auf neue therapeutische Strategien gegen diese Erkrankung.

Das DZNE begrüßte Mr. Paul kürzlich in Bonn. Er hielt einen Vortrag unter dem Titel: „The Amazing History of Our Digital Universe“ („Die aufregende Geschichte unseres digitalen Universums“). Mr. Paul ist nicht nur ein auf dem Fachgebiet der digitalen Audioübertragung spezialisierter Ingenieur, sondern überdies auch Experte für die Geschichte der Spionage und Chiffriermaschinen sowie ein begeisterter Sammler. So brachte ihn sein Interesse an der Französischen Revolution beispielsweise dazu, Dokumente aus dieser Zeit zu sammeln. Der Vorstand überreichte Mr. Paul nach diesem Vortrag eine Danksagungsplakette und dankte ihm und seiner Stiftung für die Unterstützung der Forschungsarbeit des DZNE. Während seines Besuchs gab uns Mr. Paul freundlicherweise ein kurzes Interview.

Mr. Paul, wie haben Sie und Prof. Di Monte sich kennengelernt?

Jon D. Paul: Meine Mutter litt viele Jahre an der Parkinson-Krankheit und verbrachte 13 Jahre ihres Lebens in einem Pflegeheim in New York. Ich sah, wie sehr sie litt, und lernte die Nebenwirkungen von Parkinson-Medikamenten kennen. Blanche Paul verstarb 2008 und ich fühlte mich verpflichtet, etwas in ihrem Namen zu tun. Somit gründete ich die Paul Foundation. Da sie Kunst, Konzerte, Tanz und Museen liebte, dachte ich mir, ich könnte etwas zum Wohl der Kunst unternehmen. Hieraus entstand dann die Idee: Sie litt so sehr unter der Parkinson-Krankheit – es war eine furchtbare Erfahrung. Ich dachte: Wie könnte ich anderen Menschen, die unter dieser Krankheit leiden, helfen?

Ich sprach mit einer leitenden Wissenschaftlerin eines Instituts in Kalifornien und sie sagte: „Mr. Paul, Sie sollten sich an Dr. Dino Di Monte wenden. Er führt seit nahezu 20 Jahren spannende Forschungsarbeiten zu Parkinson durch.“ Ich glaube, das war 2008 oder 2009. Dr. Di Monte arbeitete zu dieser Zeit in der Nähe von San Francisco. Ich kontaktierte ihn. Wir sprachen einige Male telefonisch und auch persönlich miteinander. Während einem dieser Treffen erwähnte er, dass er möglicherweise die USA verlassen und sich einer neuen Forschungsinitiative in Deutschland anschließen werde. Er erklärte mir, dass die deutsche Regierung sich durch die Gründung des DZNE der Unterstützung der Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen verschrieben habe. Eine solche Verpflichtung wäre für jeden Wissenschaftler eine wunderbare Gelegenheit, unter den bestmöglichen Bedingungen mit modernster Infrastruktur in einer hoch-interaktiven Umgebung und mit längerfristigen Perspektiven zu arbeiten, die risikointensive (und aussichtsreiche) Forschungen fördern.

Ich dachte auch, dass es sinnvoll sei, einen Beitrag zu dieser spannenden Forschungsinitiative zu leisten. Rückblickend war es für mich die richtige Entscheidung. Schließlich traf ich auch Dr. Sarah Jewell, Dr. Di Montes Ehefrau. Sie ist als Leiterin der Wissenschaftlichen Strategie am DZNE tätig. Nach mehreren Gesprächen mit ihr beeindruckten mich insbesondere zwei Aspekte der Förderung der Forschungsarbeit des DZNE. Zunächst einmal würde die finanzielle Unterstützung ohne große bürokratische Schnittstelle oder erhebliche Verwaltungskosten direkt in die Forschung fließen. Zum Zweiten würde mir dies die Möglichkeit bieten, direkten Kontakt zu den Menschen zu haben, die mit der durch meine Stiftung unterstützten Forschung befasst sind. Ich sagte zu Sarah: „Ich möchte eine Institution nicht nur finanziell unterstützen, sondern würde auch gerne direkten Kontakt zu den Forschern halten. Als Ingenieur ist Medizin nicht mein Fachgebiet, aber ich interessiere mich für Technologie. Menschen interessieren mich und ich diskutiere gerne über den allgemeinen experimentellen Prozess: Welche Erwägungen liegen einer wissenschaftlichen Hypothese zugrunde? Unterstützen die experimentellen Ergebnisse die ursprüngliche These? Wenn nicht, wie können mögliche Hindernisse im weiteren Vorgehen umgangen werden?“ Ich erhielt die perfekten Antworten auf meine Fragen und fasste so den Entschluss, das DZNE zu unterstützen.

Seit wann unterstützen Sie Projekte durch Spenden?

Jon D. Paul: Ich glaube, die erste offizielle Spendenzusage erfolgte 2010 – also seit sieben Jahren. Ich dachte zunächst: „Wie viel kann ich aufbringen?“ Ich besprach die verschiedenen Optionen zur Unterstützung von Hochrisiko-Forschungsprojekten mit Dr. Di Monte (Dino) und fand eine für mich tragbare finanzielle Option. Wir starteten mit dem ersten Projekt. Nach dem ersten Jahr war ich sehr von der Arbeit in Dinos Labor angetan. Sein Forschungsteam befasst sich mit kritischen Aspekten bezüglich der Entwicklung der Parkinson-Krankheit, und die Ergebnisse werden in bekannten wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht. Ich dachte: „Das ist genau das, was die Paul Foundation beabsichtigt hat.“ Seither habe ich meine Unterstützung Jahr für Jahr fortgesetzt und werde dies auch in den kommenden Jahren tun. Dino und seine Gruppe schlagen jedes Jahr ein neues Projekt und interessante neue Ideen vor. Gleichzeitig legen sie mir sehr fachspezifische Veröffentlichungen vor – oftmals verstehe ich nicht einmal deren Titel… Ich drucke die Veröffentlichungen  aus, lese sie und gelange zu dem Punkt, an dem es heißt: „Danksagungen: Gefördert durch die Paul Foundation“. Dies gibt mir das Gefühl, dass ich mit meiner Unterstützung etwas erreicht habe.

Ist es für Sie wichtig, eine Beziehung zu den Projekten und den Menschen, die Sie unterstützen, zu haben?

Jon D. Paul: Absolut! Ich liebe es, zu sehen, wie die Wissenschaft voranschreitet, und zu wissen, dass ich geholfen habe, diese wissenschaftliche Veröffentlichung und diese Forschung zu finanzieren! Für mich ist überdies wichtig, dass Dino, Sarah und ich im Lauf der Jahre gute Freunde geworden sind. Wir treffen uns regelmäßig, wenn ich nach Europa reise, und sie haben mich mehrmals in Kalifornien besucht.

Sie haben auch andere Arten von Projekten/Aktivitäten unterstützt. Bitte erzählen Sie uns etwas dazu.

Jon D. Paul: In der Vergangenheit hat die Paul Foundation ein paar Jahre ein Stipendium für eine karriereorientierte Ballettschülerin zur Verfügung gestellt. Meine Mutter liebte die Oper, das Theater und das Ballett in New York. In jüngster Zeit konzentriert sich die Stiftung jedoch auf die Förderung der Erforschung der Parkinson-Krankheit, und aus diesem Grund hat sich meine Verbindung mit dem DZNE zunehmend intensiviert.

Welchen Rat würden Sie Wissenschaftlern/wissenschaftlichen Institutionen hinsichtlich der Kommunikation von Fortschritten in der Forschung geben?

Jon D. Paul: Ich glaube, dass die Veröffentlichung von Arbeiten in hochkarätigen wissenschaftlichen Zeitschriften sehr wichtig ist. Genauso wichtig ist es aber, auch die allgemeine Öffentlichkeit zu erreichen. Das DZNE leistet dies effektiv durch seine Website, auf der wichtige aktuelle Informationen zu Forschungen veröffentlicht werden. Ich denke, dass viele Wissenschaftler (ebenso wie Ingenieure) eher zurückhaltende Menschen sind, die sich intensiv auf ihre Tätigkeit konzentrieren. Es ist jedoch wichtig, Wissenschaftler ungeachtet der Institution, in der sie tätig sind, zu ermutigen, sich an ihr Pressebüro zu wenden, wenn sie neue Ergebnisse erzielt haben. Das Pressebüro kann die Medien anschließend über bahnbrechende Fortschritte in der Forschung informieren, die die allgemeine Öffentlichkeit und insbesondere Patienten interessieren könnten.

Wie würden Sie (oder wie sollten andere) die weitere Unterstützung der Forschung fördern?

Ich glaube, dass die Bedeutung der wissenschaftlichen Arbeit besser kommuniziert und verstanden werden muss. Der kontinuierliche Fortschritt in der Grundlagenforschung wie etwa hier am DZNE eröffnet spannende Möglichkeiten für die Zukunft. Vielleicht können wir Parkinson morgen noch nicht heilen, doch mit den Fortschritten in der Medizin und Wissenschaft werden wir letztendlich Lösungen für diese und andere Krankheiten finden. Ich kenne viele Menschen, die sofortige Ergebnisse sehen möchten. Die typische Reaktion, die ich erhalte, wenn ich erzähle, dass ich die Erforschung der Parkinson-Krankheit unterstütze, ist: „Meine Tante, mein Großvater oder ein Freund litten an dieser Krankheit. Gibt es Heilung oder besteht eine Möglichkeit, die Krankheit früher zu erkennen oder bessere Medikamente zur Verfügung zu stellen?“ Ich werde gefragt, ob ich Kenntnis von einem neuen Arzneimittel habe, das die Krankheit sofort stoppen und die schrecklichen Symptome, unter denen Verwandte oder Freunde leiden, beseitigen würden.

Ich verstehe die Dringlichkeit dieser Fragen. Andererseits weiß ich, wie wichtig es ist, die Grundlagenforschung zu unterstützen und dass Forschung unvorhersehbar ist: Sie kann unmittelbar zu bahnbrechenden Produkten führen oder es kann Jahre dauern, bis die Ergebnisse der Grundlagenforschung helfen können, medizinische Probleme zu lösen. Die Verfügbarkeit immer ausgefeilterer Technologien, die Fortschritte beschleunigen, gibt Anlass zu Optimismus. Ich glaube außerdem an den Transfer von Ideen, Technologie und Entdeckungen zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen. Menschen sollten immer denken: „Vielleicht könnte diese Idee, diese Erfindung in meinem Fachgebiet auch in völlig anderen Bereichen angewendet werden.“ Ich traf beispielsweise kürzlich Prof. Nicotera, den Wissenschaftlichen Vorstand des DZNE, und er erwähnte eine neue gemeinsame Initiative des DZNE mit Hewlett Packard Enterprise. Diese Initiative könnte gedächtnisbasierte Computerarbeit, Big-Data-Analysen in der Forschung und Medizin enorm vereinfachen und beschleunigen. Als Ingenieur halte ich das für machbar und äußerst spannend.

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