Molekulare Biomarker für die prädiktive Diagnostik neurodegenerativer Erkrankungen

Prof. Dr. Jens Wiltfang

Forschungsschwerpunkte

Für die Behandlung neurodegenerativer Demenzerkrankungen stehen, mit wenigen Ausnahmen aktuell laufender klinischer Studien, aktuell nur symptomatische Behandlungsansätze zur Verfügung. Angesichts des langen Zeitraums zwischen ersten neuropathologischen Veränderungen und den ersten klinischen Symptomen werden dringend präventive Behandlungsansätze in präklinischen Stadien benötigt, die in der Lage sind, die drohende Demenz zu verhindern oder zumindest den Beginn der Demenz um mehrere Jahre zu verzögern. Die Voraussetzung dafür ist, Hochrisiko-Patient*innen in präklinischen Stadien mit ausreichend hoher diagnostischer Sicherheit zu identifizieren, um rechtzeitig gezielt präventiv eingreifen zu können. Für diese prädiktive Demenzdiagnostik werden sogenannte Biomarker benötigt, die den Demenzprozess bereits im subklinischen Stadium anzeigen können (Surrogatmarker). Die mit Abstand häufigste neurodegenerative Demenzerkrankung ist die Demenz bei Alzheimerkrankheit (bzw. Demenz vom Alzheimer-Typ, DAT), die alleine oder als Mischdemenz mindestens die Hälfte aller Demenzerkrankungen ausmacht. Dabei sind mehr als 70 unterschiedliche Demenzerkrankungen bekannt, von denen einige – wie die Demenz bei Creutzfeldt-Jakob-Krankheit – aber sehr selten sind (Wiltfang et al., 2016). Für die drohende Alzheimerdemenz wurde eine Biomarker-gestützte prädiktive Demenzdiagnostik zwischenzeitlich international etabliert und hat bereits Einzug in nationale und internationale Leitlinien-Empfehlungen genommen, beispielsweise die S3-Demenzleitlinien der beiden nationalen neuropsychiatrischen Fachgesellschaften (DGN, DGPPN) an deren Erststellung unsere Forschungsgruppe beteiligt war. Diese etablierten molekularen Biomarker, also Demenzbiomarker im lumbalen Liquor (Abeta-Peptide, Tau-Proteine, leichte Ketten Neurofilament) oder Bild-gebende Verfahren wie die Amyloid-Positronen-Emissions-Tomographie (Amyloid-PET), sind in der Lage, die drohende DAT mit hoher Zuverlässigkeit bereits 15 Jahre vor dem Eintreten der Patient*innen in das klinische Stadium der Demenz vorherzusagen. Diese Verfahren sind aber entweder vergleichsweise invasiv (lumbale Liquorpunktion) oder technisch sehr aufwendig (Amyloid-PET) und damit nicht geeignet, in großen Patientenkollektiven, beispielsweise in den Praxen niedergelassener Kolleg*innen, Hochrisiko-Patient*innen im Hochdurchsatz zu identifizieren.

Übergeordnete Ziele

Der aktuelle Schwerpunkt unserer Forschungsgruppe ist, minimal-invasive, vergleichsweise kostengünstige und Hochdurchsatz-fähige diagnostische Verfahren zu entwickeln, um Patient*innen mit hohem Risiko für eine drohende D-AD in präklinischen oder prodromalen Stadien – wie der subjektiven kognitiven Beeinträchtigung („subjective cognitive deficit“, SCD) oder der leichten kognitiven Beeinträchtigung („mild cognitive impairment“, MCI) – zu identifizieren (Kornhuber et al., 2009). Damit kann dann künftig in großen Patienten-Kohorten systematisch nach vielversprechenden pharmakologischen – aber auch nicht-pharmakologischen (elektrophysiologische Neurostimulationsverfahren, Alters-gerechte körperliche Aktivität, Diät und Nahrungsergänzungsprodukte), präventiven Behandlungsansätzen gesucht werden. In diesem Zusammenhang werden von unserer Forschungsgruppe innovative Ansätze einer Blut-basierten Frühdiagnostik der Alzheimerdemenz etabliert, wobei Verfahren der molekularen Bildgebung (Antikörper-basierter Biosensor mit Fourier-transfomierter Nahe-Infrarot-Spektroskopie) und attomolar-sensitive Immunoassays zum Einsatz kommen (Nabers et al., 2019, 2016a, 2016b; Shahpasand-Kroner et al., 2018; Vogelgsang et al., 2018a, 2018b). Die letztgenannten Arbeiten beruhen auf dem Nachweis von relativen Konzentrationsveränderungen (Peptid-Quotienten) oder Veränderungen der Sekundärstruktur von sogenannten beta-Amyloidpeptiden im Blutplasma der Patient*innen. Gerade bei longitudinaler Betrachtung sind aber auch weitere proteomische Blut-Biomarker relevant, wie die Neurofilament-Leichtketten oder der astrogliale Biomarker GFAP (Consortium for Frontotemporal Lobar Degeneration German et al., 2019).

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